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„Je höher eure Mauern, desto lauter mein Protest!“ (Parwana Amiri)
REPORTAGE AUS RITSONA-CAMP, GRIECHENLAND 2022

 

Amiri ist Autorin, Bloggerin, politische Aktivistin – und sie ist vor allem eins: Laut, wenn es darum geht, für Freiheitsrechte einzustehen. Seit ihrer Ankunft in Griechenland 2019 ist die Afghanin in verschiedenen Gruppen organisiert, hält Vorträge, wird zu Podiumsdiskussionen eingeladen, wenn es um das Thema Rechte für Menschen mit Fluchtgeschichte geht. Die verschärften Maßnahmen, die direkten Einfluss auf sie und die anderen Bewohner:innen des Camps haben, will sie nicht dulden. 

(...) Das Camp Ritsona – etwa eine Autostunde von Athen entfernt, liegt inmitten eines Industriegebiets der gleichnamigen Gemeinde. Rund 3.000 Menschen warten hier auf eine Entscheidung der Regierung, von der abhängt, wie ihr weiteres Leben verlaufen wird. Hunderte weiße Container stehen eng an eng auf dem ehemaligen Militärgelände. Eingeteilt in verschiedene Bereiche, die die Bewohner:innen nach ihrer Nationalität trennen. Diese, zunächst provisorische Lösung, wird inzwischen sechs Jahre als dauerhafte Unterbringung tausender Geflüchteter genutzt. Schutzsuchende aus Afghanistan, Syrien, Irak und verschiedenen afrikanischen Ländern, darunter Kongo, Kamerun und Somalia, leben hier auf engstem Raum zusammen. (...)

 

Die Entwicklung der griechischen Lager – hin zu sogenannten ‚geschlossenen Camps‘, ist auch hier sicht- und spürbar. Am Eingang parken mehrere Polizeiwagen. Polizisten laufen vor dem Gelände auf und ab. Sicherheitspersonal ist im Großaufgebot präsent. Strikte Ein- und Ausgangskontrollen gehören zum Alltag. Journalist:innen und Besucher:innen sind seither unerwünscht. „Sie wollen uns erklären, dass sie diese Vorkehrungen für uns treffen – zu unserem Schutz“, sagt die Menschenrechtsaktivistin, während sie zwei kleinen Kindern zuwinkt, die bis unter die Arme bepackt, mit blauen Plastiktüten, an ihr vorbeilaufen. „Sie kommen von der Lebensmittelausgabe. Die ist am Eingang gleich rechts“, erklärt Amiri. Sie stellt die EU in Sachen Flüchtlingspolitik infrage: „Wenn sie merken, dass sie mit ihrer Abschreckungspolitik nichts erreicht, warum fangen sie nicht endlich an umzudenken? Die Vorschriften, Gesetze – das ist alles von Menschen gemacht. Dann kann es doch auch von Menschen geändert werden?“

Die gesamte Reportage „Je höher eure Mauern, desto lauter mein Protest!“ im MiGAZIN (03/22)

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